4gewinnt Improtheater Braunschweig

Ausländische Investoren stürzen Norwegen in die blutige Krise von 1561 und Albert Camus Die Gerechten

Der zweite von drei „Mit 3 spiel 2“-Abenden brachte einen blutige tragisch-romantische Begegnung im 16. Jahrhundert und Camus Die Gerechten auf die Bühne im KULT.
Zur 1. Hälfte: Oslo im Jahre des Herrn 1561 – wir schreiben den 11. April. Die norwegische Nation ist noch klein, Oslo hat gerade 500 Einwohner. Der König von Norwegen lässt die jährlichen Falknereifestspiele vorbereiten. An deren Ende bekommt der Sieger einen Kuss seiner Tochter Clarissa. In einem Turm in Oslo hat sich in diesem Jahr ein besonderer Teilnehmer niedergelassen: Ruggiero – aus dem fernen Mailand kommend. Ruggiero hat den geheimen Auftrag den norwegischen Rohstoffmarkt zu erobern, denn „Mailand braucht Pelze“ für die Mode der Frauen. Er deutet bereits früh an, dass er zu jeder List bereit ist – mit seinen „italienischen Fähigkeiten“ will er Clarissa mit nur einem Kuss für sich gewinnen und über Norwegen herrschen. Sein italienischer Freund beauftragt derweil beim armen Schweizer Scherenmacher 100 Messer „so scharf, das sie Mäuse spalten können“. Währenddessen bebt Clarissa vor Aufregung vor ihrem ersten Kuss. Als sie ihre Zofe fragt, was noch alles auf Sie als Frau wartet, stirbt diese spontan…ein böses Omen, ja eine Vorahnung und vorgezogene Antwort was auf Norwegen in diesen dunklen Tagen zukommt. Parallel macht sich an der schwedischen Grenze eine Gruppe von 100 ausländischen Söldnern auf den Weg nach Oslo…
Am 15. April 1561 kommt es nun zum Wettkampf um die Falknerkrone, Ruggiero gewinnt und erwartet den Kuss, doch erst übergibt der König ihm einen Brief von Clarissa. Sie beschreibt ihren Traum darin: Sie wird ihm Ruggiero ein Kind gebären und erklärt ihre Liebe zum italienischen Jüngling mit den schulterlangen braunen Haaren.
Währenddessen haben sich die 100 Söldner im Turm versammelt und nehmen ihre Messer in Empfang. Ihr schwedisch-italienischer Anführer gibt den Befehl keinen Norweger am Leben zu lassen. Die Mailänder Hanse sei schließlich auf die Pelze aus dem rohstoffreichen Norwegen angewiesen. Ruggiero selbst solle das Zeichen zum Sturm in die Stadt geben indem er sein weißes Taschentuch zu Boden fallen lässt.
Ruggiero ist derweil vom Brief erweicht, seine vorbereitete mörderische Intrige tritt komplett in den Hintergrund. Er weint, er liebt, er romantisiert. Tritt weinend vor die heraneilende Clarissa und trocknet seine Tränen der entzündeten Liebe in seinem Taschentuch. Gerade als sich die beiden innig küssen, fällt das Taschentuch aus Versehen zu Boden. Die Söldner sehen das Zeichen. Ruggiero kann nichts mehr tun, er muss mit ansehen, wie der Sturm auf die Stadt beginnt und ganz Oslo der Pelze wegen gemetzelt wird.
Zerrissen von Liebe und Schuldgefühlen sieht er nur einen Ausweg. Er richtet sich selbst. Clarissa bleibt zurück und wird die neue Stammmutter der Norweger. Alle späteren Generationen von Norwegern, stammen heute noch von ihr ab.

In der 2. Hälfte wurde per Zufall aus dem Reclam Schauspielführer das Stück Die Gerechten von Albert Camus (UA: 1949 in Paris) ausgewählt und in der 4gewinnt Version gespielt:
Eine Gruppe russischer Terroristen plant ein Attentat auf eine russische Großfürstin. Janek ist jung, glaubt an die Werte des Sozialismus und bezeichnet sich selbst als Poet. Er soll die Bombe werfen und träumt davon die Freiheit so zu allen Menschen im Zarenreich zu bringen. Er rezitiert selbstgeschriebene Gedichte, die von Sozialismus, dem Glaube an die Menschen, der Freiheit und der Stärke des Proletariats nur so strotzen. Er will Gerechtigkeit bringen. Währenddessen bereitet die Magd Dora die Großfürstin auf die Oper am Abend in St. Petersburg vor. „Nicht die rote Robe soll es sein, die grüne! Die rote trug ich schon letztes Jahr“ raunzt die Großfürstin in ihrer Prunksucht und erniedrigt Dora in ihrem gesellschaftlichen Stand: „Du bist da, weil du da hingehörst. Die Welt ist an sich schon gerecht“.
Die nächste Szene zeigt das karge proletarische Leben in einer Stahlfabrik vor St. Petersburg. Maschinen dröhnen, Arbeiter erhalten zu wenig Nahrung und arbeiten 14 Stunden am Tag – „alles für den Zaren – alles für Russland“. Als einer nicht mehr kann, die Grenze der Erschöpfung vollends überschritten hat, ruft er nach der Revolution. In diesem Moment stoppen die Maschinen und das Wort Revolution hallt von den leeren Wänden der Fabrikhalle wieder – immer wieder und wieder. Es hat begonnen. Die Maschinen stehen und die Arbeiter erheben sich.
Angestachelt von dieser Entwicklung entwerfen die Terroristen den Coup, er solle am Abend in der Loge der Oper stattfinden. Sogar der Zar werde erwartet. Poet Janek erhält die Bombe, um die Gerechtigkeit herzustellen. Seine Selbstzweifel, das viele unbeteiligte Menschen sterben könnten, werden immer Größer – steckt in der Bombe vielleicht auch Ungerechtigkeit. Er wischt seine Zweifel nach einiger Zeit selbst davon: „Die Revolution kennt keine Menschen. Für die Revolution muss man zu Opfern bereit sein.“
Die Bombe in der Hand erreicht er den Raum vor der Opernloge und trifft dort auf Dora. Das unschuldige arme Mädchen hat noch nichts vom Sozialismus und der Revolution gehört, wohl aber erkennt sie in den Augen von Janek den Arbeiter, der sich für den Coup als Edelmann „nur verkleidet hat“. Am Ende vertraut sie seinen Worten über „notwendige Gerechtigkeit“, weil er aus seiner Klasse stammt und macht ihm den Weg frei. Er tritt durch die „Tür der Revolution“ in die Loge in der sich Zar und Großfürstin amüsieren, die Bombe vor der Brust, das Feuerzeug in der Hand, die Lunte angezündet. In quälenden Sekunden brennt die Lunte ab, zu kurz um noch zu flüchten, zu lang um sich nicht des persönlichen Opfers bewusst zu sein. Mit einem Knall zerbirst die Bombe und der Vorhang fällt. Ende.



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